ENZO FORCINITI – HOLZBRILLEN AUS LEIPZIG


ENZO FORCINITI – HOLZBRILLEN AUS LEIPZIG

In Zeiten, in denen Konsumenten nach Entschleunigung, Einfachheit und Nachhaltigkeit suchen, wird schlichtes Holz zu einem neuen elementaren Gestaltungselement – ob in Architektur, Interieur oder Produktdesign. Holz besticht durch seine wohltuende, unaufgeregte Echtheit und altert würdevoll. In unserer virtuell geprägten Welt wird Holz zum eigentlichen Star und verleiht unserer Umgebung eine warme Grundstimmung.

Zurück zum Holz. Daran glaubt auch Enzo Forciniti, der vor drei Jahren begann, von ihm designte Brillengestelle in Handarbeit aus Holz zu fertigen. Die Herstellung seiner Holzbrillen ist vergleichbar mit der von Skateboards: Sieben bis neun dünne Schichten werden für eine Brillenfassung miteinander zu einem Stück verleimt und gepresst. Aus dem so entstandenen Holzstück sägt Enzo Forciniti dann die Brillengestelle aus – alles in Handarbeit. Darauf legt er großen Wert. Der Brillenbauer verzichtet bewusst auf technische Hilfsmittel, die den Arbeitsprozess beschleunigen würden. So würde eine CNC-Fräse in einer Minute schaffen, wofür er mehrere Stunden benötigt.

Enzo Forciniti im Gespräch mit Ragnar Willer und Kati Drescher

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Brillen in Manufakturarbeit herzustellen?
Nach jahrelanger Arbeit als Grafiker am Computer war ich auf der Suche nach einem Ausgleich, der möglichst wenig vor dem Monitor stattfindet. Als ich dann wegen einer neuen Brille beim Optiker war, sagte ich mir: Die nächste Brille wird nicht gekauft, sondern selbst gebaut. Als mir dann bewusst wurde, wie kompliziert und aufwendig diese Idee ist, wuchs der Wunsch, es erst recht per Hand zu schaffen. Ich wollte komplett auf computergesteuerte Maschinen verzichten. Außerdem fiel mir auf, dass heutige Produktdesigner zwar großartige Ideen haben, diese aber nur noch sehr selten selbst umsetzen. Das wollte ich anders machen.

Warum nutzen Sie Holz für Ihre Brillen?
Es war sofort klar, welches Material ich verwenden würde. Natürlich Holz, denn das klang für mich nach einer möglichst absurden Herausforderung. Außerdem hatte ich schon viel mit Holz gearbeitet – aber an so etwas Komplexes wie an eine Brille hatte ich vorher noch nicht gedacht. Nach monatelangem Experimentieren stand fest: Es ist machbar! Natürlich hat Holz einige Eigenschaften, die es nicht leicht machen daraus Brillen zu bauen, jedoch wird das Material immer noch sehr unterschätzt. Die Einzigartigkeit jeder Holzbrille rechtfertigt am Ende dennoch den Aufwand.

Und moderne Maschinen waren tatsächlich tabu?
Natürlich kann man Holz heute sehr einfach und supergenau mit modernen Mitteln bearbeiten aber mich reizen bei diesem traditionellen Material eben auch die traditionellen Methoden der Verarbeitung.
 
Und moderne Maschinen waren tatsächlich tabu?
Natürlich kann man Holz heute sehr einfach und supergenau mit modernen Mitteln bearbeiten aber mich reizen bei diesem traditionellen Material eben auch die traditionellen Methoden der Verarbeitung.

Was glauben Sie, möchten Konsumenten mit dem Kauf und dem Tragen einer Ihrer Brillen zum Ausdruck bringen?
Einigen meiner Kunden ist es wichtig, dass die Brillen durch und durch von Hand gefertigt sind. Sie sind stolz darauf, ein Stück Handwerkskunst zu tragen und sehr interessiert am Herstellungsprozess. Manche kommen sogar mehrmals bei mir vorbei und verfolgen die Entstehung ihrer Brille. So etwas schafft eine besondere Bindung zum Produkt, da können Brillen von der Stange nicht mithalten.

Ist die Wiederentdeckung von Holz auch so etwas wie der Ausdruck eines tiefen Empfindens der heutigen Konsumenten?
Holz wurde lange ignoriert und durch moderne Materialien ersetzt. Umso interessanter ist es, dass der älteste Werkstoff der Menschheit noch immer nicht aus unserer Welt wegzudenken ist. Inzwischen wird Holz sogar als etwas Exklusives angesehen. Meine Kunden lieben die Natürlichkeit des Materials, die markante und einzigartige Oberfläche, die sie durch meine Brillen bewusst zeigen und mit sich führen können. Ich glaube, dass viele Menschen zu technisch sehr ausgereiften Materialien keine große Bindung haben, weil sie zu perfekt, zu austauschbar sind. Holz dagegen hat auch seine Eigenheiten und Fehler, die es zu etwas ganz Besonderem machen. Sicher spielt auch die Suche nach ursprünglichen, authentischen Werten eine Rolle.

Was ist Entschleunigung für Sie persönlich?
Ein Ziel nicht unbedingt auf dem schnellsten Weg zu erreichen. Zu Fuß gehen, obwohl ich mit dem Fahrrad zehn Minuten gespart hätte, Dinge auch mal auf die aufwendige Art zu machen – das ist für mich Entschleunigung.

Mehr zum Programm gibt es hier.

Fotocredits: Christoph Busse

 

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