JONAS BREME – LISTEN CAREFULLY


JONAS BREME – LISTEN CAREFULLY

Jonas Breme hinterfragt mit seinen Projekten auf spannende Weise die aktuelle Lage und Befindlichkeit von Individuum und Gesellschaft. Unsere schnellen und hektischen Zeiten spiegeln sich auch im Konsum von Musik wider. Musik wird heute häufig nur noch passiv wahrgenommen, auf eine Hintergrundbeschallung reduziert und damit in ihrem Wert relativiert.

Mit Listen Carefully entwickelte Jonas Breme einen sensiblen Kopfhörer, der den Benutzer daran erinnert, sich beim Musikgenuss zu konzentrieren. Die Besonderheit des Kopfhörers ist es, dass dieser die Lautstärke der Wiedergabe bei ruckartigen Bewegungen senkt und so den Benutzer auffordert, still zu sitzen und sich beim Musik hören zu entspannen und bewusst die Musik wahrzunehmen.

Das Video dazu gibt es hier.

Kati Drescher und Ragnar Willer sprachen mit Jonas Breme, einem der Protagonisten der Slow Living Conference 2014

Herr Breme, Ihr Forschungsprojekt Slow Listening lehnt sich an Entwicklungen wie Slow Food oder Slow Living an. Wie sind Sie auf die Idee zu diesem Projekt gekommen? Was ist der genaue Inhalt des Projektes?
Motivation für »Slow Listening« ist meine eigene Begeisterung für das Thema Musik sowie der Wandel unseres Hörverhaltens in den letzten 15 Jahren. Inhaltlich habe ich mich in drei Arbeiten kritisch mit dem Thema »Musikkonsum» auseinander gesetzt: Es sind Konzepte für fiktive Produkte entstanden, die von ihrer Ästhetik nicht von anderen Alltagsobjekten zu unterscheiden sind – jedoch einzig und allein das Ziel verfolgen, den Nutzer oder Betrachter zum Nachdenken anzuregen.

Seit der Einführung des ersten iPods scheint sich der Musikgenuss tatsächlich drastisch verändert zu haben. Wir hören überall Musik, meist mit Kopfhören, aber hören wir die Musik tatsächlich? Was ist Ihr Eindruck? Spielt die technologische Entwicklung von Endgeräten eine Rolle, wie wir Musik heute wahrnehmen?
Ja, natürlich ist unser Konsumverhalten stark geprägt von Medium und Endgerät. Allerdings gab es das fokussierte- und beiläufige Hören schon vor dem iPod oder Walkman. Meiner Meinung nach ist die Menge der zur Verfügung stehenden Inhalte hauptverantwortlich für die Art wie wir heutzutage Musik hören: Häufig sprunghaft und oberflächlich. Durch das Verschwinden des physischen Mediums wird dieser Effekt natürlich noch verstärkt: Wir können zu jeder Zeit auf nahezu jedes jemals veröffentlichte Lied zugreifen. Eine kritische Hinterfragung dieser fehlenden Limitierung ist das Projekt »Berta – Der kleene Musikkompass«, aus der Slow Listening Serie.

Sie haben u.a. einen ganz besonderen Kopfhörer entwickelt. Dieser ist nicht nur ein ästhetisches Highlight, sondern er bietet auch eine völlig neuartige Funktion. Was ist Listen Carefully genau?

»Listening Carefully« ist eine Art störrischer Kopfhörer: Er hört auf zu spielen, sobald der Nutzer sich bewegt. In einer Zeit, in der Kopfhörer größtenteils für den mobilen Musikkonsum genutzt werden natürlich ein völlig realitätsfernes Produkt. Das eigentliche Ziel liegt auch nicht im Benutzen des Kopfhörers, sondern im Reflektieren des Konzeptvideos. Sobald der Betrachter beginnt, den Nutzen eines störrischen Kopfhörer zu erwägen, muss er unumgänglich die Art und Weise des eigenen Musikkonsums nachdenken. Oftmals ist die anschliessende Diskussion der eigentlich wertvolle Teil der Arbeit, »Design for debate« sozusagen.

Was verbinden Sie persönlich mit Slow Living?
Für mich wird die Beschäftigung mit einem entschleunigten Leben zu einem immer größeren Thema: Sei es durch das Lebens in der Großstadt, die intensive Beschäftigung mit Technologie oder durch einen immer digitaler werdenden Lebensstil. Gleichzeitig beschreibt die Slow Living Philosophie für mich in vielen Lebensbereichen ein Ideal: Für mich geht es nicht darum, jede einzelne Mahlzeit, jedes Buch, jedes Musikstück so zu zelebrieren als wäre es das Letzte. Vielmehr versuche ich Situationen bewusst(er) zu geniessen um den Bezug zum Wert von bestimmten Dingen nicht zu verlieren.

Mehr zum Programm der Slow Living Conference gibt es hier.

 

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